Grandioser 54. Hessischer Imkertag

Stadthalle Schlüchtern platzte aus allen Nähten

Der 54. Hessische Imkertag fand in der Stadthalle Schlüchtern statt.
Begrüßt wurden die Gäste an einem herrlich sonnigen Frühlingstag von der Stadtgarde und der Biedermeiergruppe in historischen Kostümen. Ausrichter des diesjährigen Imkertages war der Imkerverein Schlüchtern unter der Leitung von Gerhard Ohly. Der Vorstand des Landesverbandes Hessischer Imker e.V. bedankt sich herzlich beim ausrichtenden Verein für die hervorragende Organisation. Vor dem offiziellen Teil gab es eine musikalische Umrahmung durch ein klassisches Duo unter der Leitung der Imkerin und Konzertpianistin Erica Otta.

Um 10.00 Uhr eröffnete der 1. Vorsitzende Oliver Lenz offiziell den 54. Hessischen Imkertag, gefolgt von Grußworten des Schirmherrn und Bürgermeisters der Stadt Schlüchtern, Matthias Möller, der den Vorstand und die Delegierten bereits am Samstag zu einem Empfang ins Rathaus eingeladen hatte. Es folgten Grußworte des Hessischen Staatssekretärs Michael Ruhl vom Hessischen Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat. Für den gebürtigen Vogelsberger war es fast ein Heimspiel.

Auf der Tagesordnung stand auch die Inthronisierung der neuen Honigkönigin, zuvor verabschiedete Oliver Lenz die amtierende Honigkönigin Kathrin I. Sie war unsere Hessische Honigkönigin in den Jahren 2022 und 2023.

Staatsminister Michael Ruhl und Oliver Lenz kürten die Hessische Honigkönig 2024 Katharina Sperzel. Sie stammt aus einer Imkerfamilie und ist mit einem Imker verheiratet. Gemeinsam betreiben sie auch einen Imkereibedarf im heimischen Raum. Somit haben wir eine Honigkönigin gefunden, die mit Würde und Sachverstand den Landesverband Hessischer Imker e.V. in ihrer Amtszeit regional und überregional souverän vertreten kann.
Da Katharina I. im Juni Zwillinge erwartet, haben wir erstmals in der Geschichte des Landesverbandes auch eine Honigprinzessin, unsere 1. Hessische Honigprinzessin Lea Flach. Sie stammt ebenfalls aus einer Imkerfamilie. Glückwünsche überbrachten auch die ehemalige Hessische Honigkönigin Kathrin I und die amtierende Odenwälder Honigkönigin Lea I. Der Landesverband Hessischer Imker e.V. freut sich auf die kommende Zusammenarbeit mit der Honigkönigin Katharina I und der Honigprinzessin Lea I.

Vortrag Vespa velutina

Es folgte der erste Fachvortrag von Reiner Jahn, der inzwischen Beauftragter des Landes Hessen für die Bekämpfung der Asiatischen Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) ist. Seit der ersten Sichtung beschäftigt sich Jahn mit der Vespa velutina (VV). Er hatte viele schlaflose Nächte, um die Vermehrung der VV schnell einzudämmen. Unter anderem versah er die Hornisse mit einem Mikrochip und ging dann mit einem Peilsender durch die Gegend, um ein Primärnest zu finden und zu beseitigen. Die gesamte Zuhörerschaft verfolgte den Vortrag von Reiner Jahn mit großer Aufmerksamkeit, denn es handelt sich nicht nur um ein imkerliches, sondern auch um ein gesellschaftliches Problem. Ein einzelnes Nest hat noch keinen großen Einfluss auf die Bienenvölker in der näheren Umgebung, mit der Nestdichte in den Folgejahren steigt auch der Druck auf die Bienenvölker, bei starkem Beflug igeln sich die Bienen ein und fliegen nicht mehr aus. Dadurch resultiert eine Schwächung der Völker. Mögliche Maßnahmen zum Schutz des Anfluges z.B. durch Sträucher oder hohe Gräser, in weiterer Folge würden die Hornissen wehrlos in die Völker eindringen. Reiner Jahn rät im Herbst ein Mäusegitter mit 5,5 mm Maschenweite anzubringen.

Der beste Schutz ist jedoch die rechtzeitige Entfernung eines Nestes. Pro Nest können sich 500 Jungköniginnen bilden, die Ausbreitungsgeschwindigkeit, je nach Windrichtung, kann 60 bis 80 Kilometer pro Jahr betragen, zusätzlich ist eine weitere Verbreitung durch den Warenverkehr möglich.

Die Art ist sehr anpassungsfähig, Höhenlagen bis 600m ü. NN sind für sie kein Problem, die Asiatische Hornisse ist bis in den Dezember/Januar aktiv, ein Ausflug der Jungköniginnen ist auch bei Minustemperaturen möglich. Nestgründungen wurden teilweise schon im Januar beobachtet, die Primärnester befinden sich meist in Bodennähe, Hecken oder Nistkästen. Man geht davon aus, dass aus einem nicht rechtzeitig entfernten Nest im Folgejahr 5 neue Nester entstehen, d.h. aus einem im Jahr 2023 nicht entfernten Nest können bis zum Jahr 2028 3125 Nester entstehen. Die Hornisse ist generell meldepflichtig, ein Meldeportal bzw. Meldeformular befindet sich auf der (Webseite des HLNUG) Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie http://hlnug.de/hornisse. In Hessen sind die oberen Naturschutzbehörden bei den Regierungspräsidien in Kassel, Darmstadt und Gießen zuständig, die oberste Naturschutzbehörde entscheidet über die Maßnahmen und stellt die notwendigen Mittel zur Verfügung. Ein regional angepasstes Monitoring und Management für die Hornisse ist notwendig. Bisher haben sich über 100 hessische Imkerinnen und Imker zur Mitarbeit gemeldet. Es wird dazu Schulungen geben, diese sind bereits in Vorbereitung. Eine europäische Kommission hat bereits eine Studie durchgeführt, das in betroffenen Regionen, in denen die Vespa velutina vorkommt, bereits eine geringere Pflanzenbestäubung zu verzeichnen ist. Für den Bereich Galicien bedeutet dies Ernteausfälle von geschätzten 4,5 Millionen Euro.

Köderstoffe für die Vespa velutina: Köderstoffe für die VV gibt es, da sollte aber sehr vorsichtig mit umgegangen werden, vor dem Einsatz wäre eine Rücksprache mit einem Hornissenberater ratsam. Nach einer Sichtung der VV, ist eine Nestsuche durchzuführen, besonders in bebauten Gebieten sind Flugkorridore zu beobachten. Hornissen fliegen nicht unbedingt über Häuser.

Grußworte

Ehrengäste überbrachten anschließend Grußworte. Darunter der Vizepräsident des Deutschen Imkerbundes Stefan Spiegel. Er lobte die steigende Zahl der ImkerInnen, wobei der große Andrang von vor 4-5 Jahren nachgelassen hat. Spiegel wies auch auf die Bedrohung durch die Vespa veluntina hin, allerdings sei nicht nur die Vespa Velutina ein Problem, sondern auch die Tropilaelapsmilbe. In Baden-Württemberg und Bayern müssen die Honigbienen wegen der Nahrungssituation der Wildbienen aus den Naturschutzgebieten entfernt werden, Spiegel appelliert, gemeinsam mit den Naturschutzverbänden aktiv zu werden. Er lud die Anwesenden noch zur Online-Veranstaltung „Lange Nacht der Bienenwissenschaften“ am 22.03.2024 ein.

Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes Stefan Schneider sprach ebenfalls ein Grußwort zum Hessischen Imkertag, er überbrachte zwei Mitteilungen. Er lobte das gute Verhältnis zwischen Imkern und Landwirten auf Verbandsebene und bedankte sich bei den heimischen Imkern. Die Vorsitzende der Landfrauen, Ursula Pöhlig war gerne aus dem Vogelsberg angereist, um Grußworte zum Imkertag zu überbringen. Frau Pöhlig regte an, im Haushalt Honig, statt Zucker zu verwenden. Kreistagsvorsitzender des Main-Kinzig-Kreises Carsten Ulrich, Ulrich berichtete über seine Bienengiftallergie und seine eigene Desensibilisierung und ist ein Fan von Propolis, er bedankte sich beim Landesverband für den Besuch im Main-Kinzig-Kreis. Mathias Metzger vom Landschaftspflegeverband überbrachte ebenfalls Grußworte. Metzger berichtete über verschiedene Fördermöglichkeiten im Bereich der Landschaftspflege. Oliver Lenz überreichte den Ehrengästen ein Honigpräsent.

Ehrungen

Ralph Bonkowski der stellvertretende Obmann für Zucht und Oliver Lenz überreichten Stefan Schellenberg den Züchterpreis 2023. Schellenberg ist bereits seit 20 Jahren Reinzüchter, er betreibt im Kreis Gießen eine Belegstelle und arbeitet daran das sie eine geschützte Belegstelle wird. Damit hätte Hessen 4 geschützte Belegstellen. Schellenberg bedankte sich bei allen die ihn bisher in seiner Züchterarbeit unterstützt haben. Lenz betonte, dass wir in Hessen nur 28 Reinzüchter haben, und wünscht sich mindestens 100 Reinzüchter. Lenz überreichte Ralph Bonkowski den Züchterpreis 2024 für seine hervorragende Zuchtarbeit.

Der Imkerverein Schlüchtern nahm den diesjährigen Imkertag zum Anlass, seine langjährigen Imkerinnen und Imker zu ehren.

Der Imkertag war dann wieder der Vespa velutina nigrithorax gewidmet.
Die südhessische Imkerin Nicole König, die ihre Bienenhaltung eigentlich nur als Hobby betreiben wollte, wurde vor 2 Jahren auf die Vespa velutina nigrithorax aufmerksam und nahm Kontakt zu Reiner Jahn auf, der zunächst ihr Lehrmeister, Mentor und Coach war. König hielt alle Hilfsorganisationen auf Trab, heute sitzt sie selbst am Steuer des Hubsteigers, um die Sekundärnester der VV zu entfernen. Sie arbeitet auch eng mit dem Bieneninstitut in Kirchhain zusammen. Nicole König hielt einen sehr kurzweiligen Vortrag über ihr Leben mit und gegen die Vespa velutina.

Michael Falkenstein, der Hobbyimker aus Viernheim, der auch Kontakt mit der VV hatte, ist nun der dritte im Bunde, Falkenstein ist seit dem Auftauchen der VV., als Viernheimer Radfahrer mit Nackenstarre bekannt, da Falkenstein immer in Richtung Himmel schaut um VV Nester zu entdecken.

Varroa 2033

Als letzten Referenten des Imkertages begrüßte Oliver Lenz, Dr. Ralph Büchler, Leiter a.D. des Bieneninstituts Kirchhain und wissenschaftlicher Berater der Arbeitsgemeinschaft Toleranzzucht. Büchlers Vortrag „Wege zu einer behandlungsfreien Imkerei“, ein sehr wissenschaftlich fundierter Vortrag, der die vollbesetzte Stadthalle in kürzester Zeit mitriss.

Zum Abschluss dankte Oliver Lenz nochmal dem ausrichtenden Verein Schlüchtern für die hervorragende Organisation des Imkertages. Er wünschte den Besuchern eine erfolgreiche Bienensaison und lud zur Teilnahme an zukünftigen Veranstaltungen ein.

Impressionen vom Imkertag:

Text: Boris Hofmann; Fotografen: Boris Hofmann und Tobias Stever